Untere Falz: Zu Besuch bei Nilson Müller

„Vorarlberg ist ein Paradies“ – Nilson Müller (39) ist einer von zahlreichen Brasilianern, die diesen Sommer auf einer Vorarlberger Alpe arbeiten. Ein Besuch bei einem, der hier eine neue Heimat gefunden hat.

 

BRIGITTE KOMPATSCHER (TEXT)
Bericht: erschienen in der Neue am Sonntag, 14.07.13
LUDWIG BERCHTOLD (FOTOS)

 

Die beiden Melker sind noch im Stall mit den 80 Kühen beschäftigt, während Nilson Müller (39) an diesem sonnigen Vormittag wie seit Anfang Juli jeden Tag in der kleinen Alpsennerei steht und die durchschnittlich rund 1650 Liter Milch, die er täglich von dieser und noch einer weiteren Alpe weiter oberhalb bekommt, verarbeitet. Nilson ist Brasilianer und Senn auf der Alpe Untere Falz in Schetteregg.

 

Mit Deutsch aufgewachsen
Es ist nicht der erste Sommer, den der aus Itapiranga im südlichen brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina stammende Nilson auf einer Vorarlberger Alpe verbringt. Bereits vor elf Jahren war er zum ersten Mal auf der Untere Falz, als Melker. Über einen Kollegen, der schon drei Jahre hierzulande auf einer Alpe gearbeitet hatte, ist er damals nach Vorarlberg gekommen, „weil es hier Arbeit gab“. Drei Monate ist er geblieben und dann wieder zurück nach Brasilien, wo er eine Hühnerfarm besitzt und auch als Fernfahrergearbeitet hat, erzählt er. Die Sprache war nie ein Problem – selbst im Bregenzerwald nicht. Mit Deutsch ist er aufgewachsen, weil man „bei uns Deutsch können muss, um auf der Post oder in einer Bank zu arbeiten“, sagt er, dessen Vorfahren laut Familienerzählungen aus Bayern stammen sollen. Und: „Meine Mutter redet lieber Deutsch als Portugiesisch und meine Oma kann überhaupt kein Portugiesisch.“ Nach seinem ersten Sommer im Bregenzerwald ist Nilson im Jahr darauf wieder gekommen, hat das Sennen gelernt, ist im Herbst wieder nach Hause, um im folgenden Frühjahr wieder als Senn und Melker auf ein Bregenzerwälder Vorsäß zu gehen. Einige Jahre ist das so gegangen. Die Hälfte des Jahres hat er in Vorarlberg verbracht, die andere in seiner Heimatstadt. Bis der Brasilianer dann vor drei Jahren für immer hiergeblieben ist. 2007 hat er nämlich die Großdorferin Edith Sutterlüty kennengelernt, erzählt er, natürlich auf der Alpe. „Seit damals sind wir zusammen“, präzisiert die 29-Jährige, „kennen tu ich ihn schon, seit er zum ersten Mal hier war.“ Von Besuchen auf der Untere Falz, wo auch die Kühe ihres Vaters den Sommer verbringen.

 

Geheiratet
2010 haben die beiden geheiratet, wobei „meine Eltern schon ein wenig gefürchtet haben, dass wir nach Brasilien auswandern“, erzählt die sympathische Großdorferin. Allerdings stand das nie zur Diskussion. „Vorarlberg ist ein Paradies, das sage ich seit zehn Jahren“, so ihr Mann, „die Leute wissen gar nicht, was sie hier haben.“ Die Sicherheit, der Lebensstandard und einiges andere mehr sind es, die den Brasilianer ins Schwärmen geraten lassen. „Klar muss man arbeiten, wenn man was haben will, aber das ist hier möglich.“2011 hat Nilson dann im Winter in einer Egger Sennerei mit Halbjahresbetrieb zu arbeiten begonnen und ist im Sommer wieder als Senn auf Vorsäß und Alpe. Edith war in ihrem Beruf als Familienhelferin tätig. Bis letzten Sommer, da war sie mit dabei, weil sie zu jenem Zeitpunkt schon in Karenz war. Und von der Alpe ist sie Anfang August letzten Jahres dann ins Krankenhaus gefahren, um fünf Tage später mit der kleinen Luisa Daniela wieder auf die Alpe zurückzukehren. Heuer ist die Kleine schon von Beginn an dabei, wenngleich der Papa derzeit wenig Zeit für sie hat. Von sechs Uhr morgens bis etwa 22 Uhr produziert Nilson täglich rund 165 Kilo Bergkäse, 12 bis
13 Kilo Butter und etwa 20 Ziegenkäse, da auch noch sechs Ziegen auf der Alpe sind. Und er ist mit Leib und Seele Senn. Seine Frau kümmert sich indes ums Kochen, die Jausen- Bewirtung von Wanderern und den Verkauf der Produkte, wobei sie von der 16-jährigen Sarah aus Großdorf unterstützt wird. Sarah, Schülerin der Landwirtschaftsschule, macht diesen Sommer ein Praktikum auf der Untere Falz und ist einerseits für die Ziegen zuständig, aber kümmert sich auch ums Baby, wenn Edith anderweitig zu tun hat.

 

Drei Wochen Brasilien
Bis Mitte September ist die insgesamt sechsköpfige Gruppe nun auf der Untere Falz, dann geht es für die Kleinfamilie noch weiter auf ein Vorsäß. Und es ist der zumindest vorläufig letzte Sommer, den Nilson, Edith und Luisa Daniela auf der Alpe verbringen. Ab November arbeitet der 39-Jährige in einer Ganzjahresstelle in einer Sennerei in Eichenberg, wohin er mit seiner Familie dann auch ziehen wird. Vorher aber geht es noch drei Wochen lang nach Brasilien, um die kleine Luisa Daniela endlich auch ihrer südamerikanischen Oma und Verwandtschaft persönlich vorzustellen. Und darauf freuen sich jetzt schon alle.

Deine Meinung

  1. Meu querido irmão, concordo contigo Voralberg é o paraíso. Estamos todos aqui no Brasil com muita saudades de vocês e contamos os dias para conhecer a pequena Luisa.